Du betrachtest gerade 2. offenes Treffen der Artists for Future

Mittwoch, 12. Februar 2020 um 18 h (bis ca. 20 h)
IG bil­dende Kunst, Gum­pen­dor­fer­straße 10–12, 1060 Wien

Künstler*innen waren immer eine wichtige Stimme beim Auf­zeigen von Miss­ständen und bei
gesell­schaft­lichen Ver­än­de­rungen. Wir wollen diese Tra­dition fort­setzen und unter­stützen die Fridays for Future bei ihren Anliegen. Wenn du mehr über A4F wissen möchtest und wie du dich selbst ein­bringen kannst, komm vorbei. Wir freuen uns auf dich!

Am 24. April 2020 findet der nächste WELT­WEITE KLI­MA­STREIK statt — wir planen Aktionen und hoffen auf deine krea­tiven Inputs.

Wenn du beim Treffen ein kon­kretes Projekt oder eine Pro­jektidee vor­stellen möchtest, lass es uns in deinem Anmel­dungsmail bereits wissen.
Bitte um Anmeldung bis zum 10.2. unter info@artistsforfuture.at

Impuls-Input vom Treffen

Wir sind Kunst- und Kul­tur­schaf­fende, die die inter­na­tionale Stel­lung­nahme von Artists for Future unter­zeichnet haben: „Kunst reflek­tiert und schafft gesell­schaft­liche Rea­li­täten. Oder stellt sie in Frage. Deshalb tragen wir eine Mit­ver­ant­wortung für das, was gesell­schaftlich als normal wahr­ge­nommen wird. Die Pro­teste der ‘Fridays for Future´-Bewegung ver­folgen wir mit Respekt und Dank­barkeit. Wir wollen sie in ihrer Haltung bestärken und unsere Unter­stützung einbringen.“

Wie können, wie wollen wir das machen? Als erstes können wir natürlich an den Demons­tra­tionen und Streiks teil­nehmen, mög­lichst als Gruppe, damit man sieht: Ja, auch die Künst­le­rinnen und Künstler sind da. Und in unserem per­sön­lichen und beruf­lichen Umkreis für die Aktionen der Fridays werben. Wir können auch unser Können den ver­schie­denen for Future Gruppen zur Ver­fügung stellen, indem wir Plakate ent­werfen, bei Ver­an­stal­tungen auf­treten und so weiter. Ein kon­kretes Projekt ist zum Bei­spiel, dass wir gemeinsam mit dem Burg­thea­ter­studio einen Sprechchor für den nächsten Kli­ma­streik ein­stu­dieren wollen.

Wir können uns auch über unseren per­sön­lichen und beruf­lichen öko­lo­gi­schen Fuß­ab­druck Gedanken machen: Was esse ich, wie koche ich, was ziehe ich an, was kaufe ich? Wir können uns auch über­legen, wie wir unseren künst­le­ri­schen Pro­duk­ti­ons­prozess kli­ma­freund­licher gestalten. Müssen wir so viel her­um­fahren? Her­um­fliegen? Wie heizen wir das Atelier? Gestalte ich mich selber zu einem Klimakunstwerk? 

Auch das Medium ist die Bot­schaft. Was bringen wir allein schon durch das Material, mit dem wir arbeiten, zum Aus­druck? Wollen wir dia­mant­be­setzte Toten­schädel machen oder in Ton, Holz und Erd­farben arbeiten? Wollen wir über Mons­ter­boxen und Video­wände Stadien füllen oder unplugged und akus­tisch in Clubs oder auf der Wiese spielen? Wollen wir eine Kultur weniger Welt­stars, oder eine Kultur, in der ganz viele Men­schen Künstler sein können und dürfen, weil sie nicht so mit Sachen machen beschäftigt sind? 

Aber in unserer Arbeit als Künst­le­rinnen und Künstler erzählen wir ja auch Geschichten. Kleine und große. Wir können anklagen und warnen, wir können Dys­topien erfinden. Was kann alles pas­sieren? Wird es Krieg um Wasser geben? Krieg um bebau­bares Land? Werden Städte und Dörfer im Meer ver­sinken? Wie sieht eine Welt ohne Bienen aus? Ohne Vögel? Werden noch mehr Kon­ti­nente ver­brennen? Wie sieht eine Welt aus, in der Men­schen in den letzten bewohn­baren Gebieten sich gegen Kli­ma­flücht­linge verbunkern? 

Aber wollen wir eigentlich Panik ver­breiten? Lassen sich die Men­schen eher durch Schre­ckens­vi­sionen mobi­li­sieren oder durch Pläne, wie es anders sein kann? Als Künst­le­rinnen und Künstler können wir ja auch Utopien erfinden. Kleine Utopien: Wie würde eine auto­freie Stadt aus­sehen? Eine Stadt mit einem Garten auf jedem Dach? Eine Stadt, durch die das Wasser offen fließt statt im Kanal? Große Utopien: Wie könnte denn eine lebens­fähige Gesell­schaft aus­sehen? Eine lebens­freund­liche Wirt­schaft? Was könnte Arbeit noch sein, außer Dinge her­stellen? Müssen wir jedes Jahr mehr Autos, mehr Com­puter, mehr Plas­tik­ver­pa­ckungen, mehr Glück­spiel­au­to­maten, mehr Ener­gy­drinks her­stellen, um die Arbeits­plätze zu sichern? Ach ja, und Panzer, Pis­tolen und Sturm­ge­wehre? Steht die Sorge ums Klima im Wider­spruch zur Sorge um Arbeits­plätze und Ein­kommen? Oder gibt es auch andere Arbeits­plätze, die man schaffen könnte, als Pfle­gerin, als Trainer, als For­scherin, als Lehrer, als Unter­was­ser­bal­lett­cho­reo­graphin, Jon­gleur oder Fuß­bal­lerin? Würde die Gesell­schaft wirklich ärmer, wenn die Plas­tik­sa­ckerl­her­stel­le­rinnen einfach auf Urlaub gehen würden? Bei voller Bezahlung? Wollen wir eine Kultur des Ver­zichts pre­digen? Esst nicht so viel Fleisch, fahrt nicht so viel Auto! Oder wollen wir Luxus pro­pa­gieren: Den Luxus Zeit, den Luxus Gesundheit, den Luxus Spiel, Kultur, Liebe? 

Und wer soll die Kli­ma­wende bezahlen? Welche Antwort haben wir, wenn der Kanzler sagt: Die Voest­alpine wird nach Polen abwandern, wenn die Umwelt­stan­dards in Öster­reich zu hoch geschraubt werden? Ist nicht genau das ein Grund, uns mit der pol­ni­schen Kli­ma­schutz­be­wegung zu ver­bünden? Und mit der ame­ri­ka­ni­schen? Und mit der chi­ne­si­schen? Ja, und vor welchen Pro­blemen steht eine Kli­ma­schutz­be­wegung in China? Hat der Kampf gegen Dik­tatur, für Demo­kratie, etwas mit dem Kli­ma­schutz zu tun?

Was bedeutet das eigentlich: Kli­ma­ge­rech­tigkeit? Wenn die Welt untergeht, sind wir dann nicht alle gleich tot? Aber was ist, wenn sie nicht ganz untergeht, wenn sie nur zur Hölle wird? Wird sie dann für die einen mehr zur Hölle, für andere weniger, und welche können sich‘s richten? Bangla Desh und die Nie­der­lande sind gleich vom Steigen des Mee­res­spiegels bedroht. Aber ist das wirklich das­selbe? Wer erzählt die Geschichte vom Tschad, wo der See schon auf die Hälfte geschrumpft ist, die Fischer auf der Suche nach Arbeit Richtung Städte ver­schwunden sind und die Frauen mit den Kindern zurück­ge­lassen haben? Was hat Kli­ma­ge­rech­tigkeit mit Geschlech­ter­ge­rech­tigkeit zu tun? Im Sahel kämpfen Vieh­züch­ter­no­maden und Acker­bauern um Land, weil sie mit ihrer Milch, ihrem Mais nicht genug ver­dienen, ange­sta­chelt von poli­ti­schen und ter­ro­ris­ti­schen Gruppen wie Boko Haram. Aber hat der Export von euro­päi­schem Milch­pulver nach Afrika viel­leicht damit zu tun, dass die Leute von der Milch nicht leben können?

Müssen wir den unter­ent­wi­ckelten Ländern helfen oder brauchen wir Hilfe von ihnen? Wer besingt Afrikas Grüne Mauer? Wer besingt alle die jungen Klima-Aktivist*innen rund um den Globus? Helena Gualinga aus Ecuador, Lam­bo­ginny aus Nigeria, Tekanang aus Tuvalu? Wer besingt die leider schon ver­storbene Wangari Maathai aus Kenia, die das Green Belt Movement initiiert hat? Wer besingt, was die Ama­zo­nas­völker für die Welt tun, die den bra­si­lia­ni­schen Regenwald ver­tei­digen? Was hat Kli­ma­schutz mit Ras­sismus und Natio­na­lismus zu tun? Sollen wir uns abschotten von denen, die am stärksten unter den Folgen des Kli­ma­wandels leiden, oder uns mit ihnen ver­bünden? Was sagen wir denen, die meinen, das Bevöl­ke­rungs­wachstum in den armen Ländern sei das größte Umweltproblem?

Und schließlich: Ist es die Kurz­sich­tigkeit der Politiker*innen, die Gier der Konzernmanager*innen, die Gleich­gül­tigkeit der Konsument*innen, die ver­hindert, dass Kli­ma­schutz zügig umge­setzt wird? Oder leben wir in einem System, das seine eigenen Bewe­gungs­ge­setze hat, das stärker ist als seine ein­zelnen Teile? Ist das System stärker als wir Men­schen? Oder sind wir stärker als das System?